Soziale Medien sind eine feine Sache. Oder auch ein Fluch, denn jeder, jede oder wer sich wie auch immer definiert kann in diesen seine Meinungen, Ansichten, Theorien, Gefühle einer mehr oder minder interessierten Öffentlichkeit mitteilen. Egal wie brilliant, durchschnittlich, verschroben oder völlig plemplem etwas ist- alles findet seine Leser, für alles gib es eine Zielgruppe.
Das ist auch gut so, denn jeder hat das Recht seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern so lange keine anderen Gesetze verletzt werden.
Wie sieht das nun mit Facebook und den privaten Gruppen aus?
Im Prinzip sind diese Gruppen sinngemäß mit der eigenen Wohnung vergleichbar. Der Gastgeber stellt den Raum für Treffen zur Verfügung und legt die Regeln fest. So weit, so gut. Dumm wird es nur, wenn der Gastgeber für einen Teil seiner Gäste andere, nicht öffentlich kommunizierte Regeln anwendet.
So geschehen in den letzten Tagen mehrfach in der von sehr vielen Einwohnern der Stadt Büdingen genutzten Facebook Gruppe "Mein Büdingen Portal". Diese Gruppe hat rund 5.900 Mitglieder und dient faktisch als halboffizielles städtisches Mitteilungsmedium.
Die Gruppe wird für alle Themen die in und um Büdingen interessant sein könnten genutzt. Werbung lokaler Unternehmen, lokalpolitische Themen, Pressemitteilungen von Vereinen und Parteien, Ausgehtipps und vieles mehr.
Traurig genug, dass ich den folgenden Textteil erklären muss, denn ich weiß nur zu gut wie schnell Äußerungen absichtlich falsch verstanden werden; selbst ernannte Demokratieerklärer auf den Plan treten wenn ein ihrem kleinen Weltbild wiedersprechende Ansicht öffentlich wird.
Es ist halt bequemer anderer Leute Meinung als die eigene auszugeben, mit dem Finger auf jemanden zu zeigen und laut "Nazi/ Kommunist/ *beliebigesworteinsetzen*" zu kreischen, statt sich mit anderen Ansichten als der angenommenen auseinander zu setzen.
Von daher vorab: ich mache mir keine Position zu eigen, denn es interessiert mich einfach nicht. Weder die der "Deutschland geht durch Zuwanderung/ Klimawandel/ Partei XYZ/ *beliebigesworteinsetzen* unter" Schwätzer, noch die derer, die dem Wahn anhängen hinter jedem Busch einen imaginären Nazi zu sehen.
Mir sind Menschen zutiefst suspekt, die vorgefertigte Parolen nachplappern, diese als eigene Meinung ausgeben und hinter wie auch immer gefärbten, getüpfelten oder bunt gestreiften Fahnen herlaufen. Hatte es in Deutschland schon mehrfach, ging immer wieder schief. Braucht es nicht in erneuter Auflage.
Wovon ich allerdings sehr viel halte ist Fairness. Wie bereits oben geschrieben, hat in unserem Land jeder das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern. Ist nicht meine Erfindung, da gibt es ein Gesetz in dem dieses in Artikel 5 nieder geschrieben steht. Nennt sich Grundgesetz.
Dieses Grundrecht gilt, so sehr das manche Admins oder Moderatoren gern nach Gutdünken handhaben, auch in als "Privat" deklarierten Gruppen, Foren, Chats. Denn trotz aller Einschränkungen oder Deklarationen sind diese eben NICHT Privat. Sobald eine größere Teilnehmerzahl vorhanden ist, jeder beitreten kann ist es Öffentlich. Dann bewegt sich jeder im Rahmen gültiger Gesetze.
Was das Ganze mit Fairness zu tun hat? Ziemlich viel.
Gestern veröffentlichte der dem rechten (gut, ich würde eher irrlichternden sagen) Spektrum zuzuordnende Stadtverordnete Jochen Amann in diesem Portal einen "Bürgerbrief" mit dem er über seine Ansichten zu verschiedenen Themen informieren wollte. Zeitgleich wirbt ein Bündnis für Vielfalt, Toleranz, Buntheit in dieser Gruppe um Teilnehmer für eine Demonstration gegen Rechtsextremismus.
Absolut gegensätzliche Meinungen, Ansichten, unvereinbare Positionen. Im Zuge der Meinungsfreiheit, der gerade von diesem Bündnis geforderten Toleranz sollten beide Beiträge für alle Gruppenmitglieder lesbar sein.
Sollten. Es wurde ein Beitrag gelöscht und es dürfte klar sein welcher das war.
Ist es Demokratisch oder Tolerant wenn nur dem Mainstream, den Admins, einem kleinen Teil der Gruppennutzer genehme Meinungen geduldet, alle anderen davon Abweichenden unterdrückt, gelöscht, tot geschwiegen werden?
Sind wir dann nicht so ein kleines bisschen an dem Punkt angelangt, den die vermeintlichen Kämpfer gegen Rechtsextremismus vorgeblich "nie wieder" wollen?